Die ‘Neue Zeit’ zeigt Wirkung: schwarzblaue Konfliktgesetze beschädigen Oberösterreich-Klima
Bei der heutigen Pressekonferenz mit Landesparteivorsitzender Landesrätin Birgit Gerstorfer und SPÖ-Klubobmann Christian Makor wird gewarnt: Das ‘oberösterreichische Klima’ ist in Gefahr. Auf Argumente wird nicht mehr eingegangen, Beratungen finden oft nicht mehr statt, Populismus verdrängt die Inhalte….. Mit anderen Worten: Diese schwarz-blaue Landesregierung schadet damit dem Land und den Menschen in Oberösterreich!
Das Landesrecht: Früher Konsens – jetzt Konflikt
„Ich stehe ausdrücklich für eine Politik des Miteinanders. Dieses Miteinander muss aber auch in der Erarbeitung von Gesetzen und in einer fundierten Auseinandersetzung mit Sachthemen zum Ausdruck kommen. Es ist der Qualität der Gesetzgebung ohne jeden Zweifel abträglich, wenn die fundierte sachliche Auseinandersetzung zu kurz kommt. Ich hoffe, unser Aufruf findet Gehör, damit die Landespolitik rasch zu ihrer gewohnten und bisher erfolgreichen Arbeitsweise zurückfindet“, betont die SPÖ Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer.
„Schwarzblau war der erste Schritt, drei Monate nach dem Landeshauptmann-Wechsel ist der Abschied von der Konsensdemokratie in Oberösterreich nun fast vollzogen. Jetzt herrscht die Mehrheit immer öfter ohne Rücksicht auf Kritik und Argumente. Den nötigen Respekt vor den Gesetzen als gemeinschaftliche Regel haben Stelzer und Haimbuchner abgelegt. Sie missbrauchen die Landesgesetze zur politischen Inszenierung“, stellt SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor klar.
ÖVP und FPÖ haben Sachpolitik durch Symbolpolitik ersetzt
Politik war auch in der Vergangenheit nicht frei von Inszenierungen. Doch das Ausmaß hat in der jüngsten Vergangenheit massiv zugenommen. Die schwarzblaue Koalition hat in den vergangenen eineinhalb Jahren das Phänomen der Symbolpolitik in Oberösterreich massiv ausgereizt.
– Es sollte eine Deutschpflicht an Schulen verordnet werden, ob das nun verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht.
– Es sollten Islamkindergärten verboten werden, die es in Oberösterreich gar nicht gibt und die sich rechtlich auch gar nicht so leicht verbieten lassen.
– Es wurden Ideen über mehr oder weniger verbindliche Wertekodizes und das Absingen des deutschen Liedguts ventiliert und zum Teil beschlossen.
– Schulsprengel wurden angeblich aufgehoben, aber die Eltern erhalten kein Recht auf freie Schulwahl.
– In der Landtagssitzung am 6. Juli wartet mit dem Schuldengesetz das nächste Beispiel für symbolpolitischen Populismus Oberösterreich.
Sozialkürzungen treffen Einzelne hart, wirken aber kaum im Budget
Echte Wirkungen zeigten die symbolträchtigen Maßnahmen von Schwarzblau dort, wo es um die Kürzung von Sozialleistungen ging. Denn gegen den Willen der zuständigen Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer haben ÖVP und FPÖ mehrfach die Mindestsicherung gekürzt. In der ersten großen Novelle haben VP/FP die Mindestsicherung für Menschen mit subsidiärem Schutz oder befristeten Asylbescheid beschnitten. In der zweiten am 8. Juni 2017 beschlossenen Gesetzesnovelle wurden Familien mit Kindern bestraft. Interessant waren dabei die Unterschiede in der Argumentation: War bei der ersten Novelle offiziell von ÖVP und FPÖ noch die Rede von notwendigen Einsparungen, um das Landesbudget nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, so ist es bei der zweiten Mindestsicherungs-Novelle gar nicht mehr um Einsparung gegangen, sondern um Bestrafung. Denn tatsächlich verursacht die zweite Novelle einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand – also Zusatzkosten für das Landesbudget. Und auf zweifelhafte Zahlen wieviel die Kürzung bei den sozial Schwächsten in unserer Gesellschaft finanziell „bringt“, wollten sich ÖVP und FPÖ diesmal nicht mehr einlassen……
Zu tief ist noch die Wunde von der ersten falschen „Einsparprognose“ bei der Mindestsicherungsnovelle zu Lasten von Menschen mit befristeten Aufenthaltstiteln, denn die Prognose war um etwa das Tausendfache zu hoch!
Konfliktgesetze als neue Normalität im Oö. Landtag
Nicht primär wegen des Proporzes in der Landesregierung hat es im Oberösterreichischen Landtag über Jahrzehnte hinweg großen Konsens in Gesetzgebungsfragen gegeben. Intensive Beratungen, Expertisen und die Einbindung der notwendigen externen Partnerinnen und Partner machten den überwiegenden Großteil der Landtags-Gesetzesmaterien zu Konsensthemen. Das hat sich spätestens jetzt geändert. Gesetze werden nicht mehr standardmäßig beraten. Stelzer forciert stattdessen das schnelle Durchpeitschen von Gesetzesvorschlägen. Erinnerungen an das unter Ex-Bundeskanzler Schüssel – ebenfalls in Koalition mit der FPÖ – praktizierte
Prinzip „Speed Kills“ werden bei politischen Beobachtern wach. Einige Belege dafür finden sich in der bevorstehenden Landtagssitzung am 6. Juli 2017.
1. ÖVP/FPÖ-Schuldengesetz (Stabilitätssicherungsgesetz 459/2017):
– Die Landtagsklubs von ÖVP und FPÖ haben das von Stelzer angekündigte Gesetz als Initiativantrag eingebracht und so die übliche Bürgerbeteiligung (etwa Begutachtungsverfahren) ausgehebelt.
– Landeshauptmann Stelzer hat den Beschluss im Landtag für den 6. Juli 2017 bereits öffentlich in einer Pressekonferenz verkündet, bevor die Beilage im Oö. Landtag überhaupt eingegangen ist.
– Es hat zum Gesetz keine einzige Unterausschusssitzung zur Vorberatung gegeben.
– Das Gesetz ist inhaltlich umstritten, sowohl was die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit anbelangt, aber auch weil es ein Paradefall für „golden plating“ (Übererfüllung von gesetzlichen Verpflichtungen) ist. Diese Form der Überregulierung wird von ÖVP und FPÖ regelmäßig als schlechte Gesetzgebung dargestellt.
– Das Gesetz schafft zusätzliche Bürokratie und Kosten, obwohl ohnehin der „österreichweite Stabilitätspakt“ bereits eine Schuldenbremse vorsieht. Die echte Notwendigkeit dieses Gesetzes ist unklar, zumal ÖVP und FPÖ über eine 2/3-Mehrheit im Oö. Landtag verfügen und LH Stelzer als Finanzreferent alle Steuerungshebel in der Hand hält.
– Das Gesetz ist beispielhafte Anlassgesetzgebung, weil es nur im Budgetjahr 2018 zur Anwendung kommen kann. Im Gesetzestext selbst heißt es, dass für das Budgetjahr 2019 das Gesetz nicht mehr anwendbar ist, weil dann ganz andere Regeln gelten.
2. Novelle zur Entmachtung der Antidiskriminierungsstelle (ADG-Novelle 437/2017):
– Sehr viele Begutachtungsstellungnahmen aus der Bevölkerung kritisieren die bevorstehende Gesetzesnovelle.
– LH Stelzer ist als zuständiger Referent nicht bereit, auf die inhaltlich begründeten Stellungnahmen einzugehen.
– Keine einzige Unterausschuss-Sitzung zur Vorberatung, weil VP/FP keine Bereitschaft zur inhaltlichen Beratung signalisieren.
– Gesetzesnovelle zielt auf Schwächung der Antidiskriminierungsstelle ab (nur Landesbedienstete werden als Leiter zugelassen, akademische Einstufung fällt weg) und wird von den zahlreichen Kritikern als machtpolitischer Eingriff in einem gesellschaftspolitisch sensiblen Bereich gesehen. 3. Novelle für mächtigere Ordnungswachdienste (Polizeistrafgesetz-Novelle 390/2017):
– Gesetzesmaterie ist sehr sensibel, weil staatliches Gewaltmonopol geregelt wird.
– ÖVP/FPÖ-Prestigeprojekt „Stadtwache“ wird ausgeweitet, ohne notwendige Begleitmaßnahmen (Ausbildung etc.) zu regeln.
– Warnungen vor möglichen Konfliktsituationen zwischen Ordnungswachen und Betrunkenen (für die sie dann zuständig wären)ignoriert FPÖ-Sicherheitslandesrat Podgorschek.
– Statt einer klaren Forderung an die Bundesregierung die Dienstposten auf den OÖ-Polizeiinspektionen voll zu besetzen, wird „Billigalternative“ zur Polizei ausgebaut.
– Folgeproblem rund um Bewaffnung der Ordnungsdienste/Stadtwachen droht. 4. Schulgesetz zu Lasten der Gemeinden (Pflichtschulorgansiationsgesetznovelle 2017):
– Städtebund zeigt im Begutachtungsverfahren zahlreiche Schwächen im Gesetz auf: Kosten durch neue Erzieher/innen zur Lernhilfe und Aufgaben (Kontrolle der Schulkosten) werden auf Kommunen abgeschoben.
– Die Kritikpunkte werden im Rahmen der einzigen stattgefundenen Unterausschusssitzung und den eingeholten Expertisen der zuständigen Landesabteilungen bestätigt.
– Zuständige Bildungsreferentin Haberlander ignoriert die Kritik und ändert den nachweislich falschen Gesetzesantrag nicht.
– ÖVP/FPÖ wollen mit ihrer Mehrheit das fehlerhafte Gesetz trotzdem unverändert beschließen. Die SPÖ setzt sich mit Abänderungsantrag gegen die Fehler im Gesetz ein.
SPÖ warnt: Gesetze sind kein Spielzeug der Macht
„Mit dem ehemaligen Landeshauptmann Dr. Pühringer hat es so etwas nicht gegeben“, bringt es Klubvorsitzender Makor auf den Punkt. Gesetze sind zwar die Werkzeuge der Mächtigen, sie dürfen aber auch von Mehrheitskoalitionen nicht als Spielzeug der parteipolitischen Inszenierung missbraucht werden. „Der demokratiepolitische Schaden im Land ist mit wenigen unüberlegten Beschlüssen schnell entstanden. Das Vertrauen geht dauerhaft verloren, wenn die Bevölkerung merkt, dass die Gesetze vorrangig der Stelzer-Show dienen“, so Makor.
Der SPÖ-Klubvorsitzende appelliert daher an die mit einer 2/3-Mehrheit ausgestattete VP/FP-Koalition zum Umdenken. „Machtpolitisch hätten es ÖVP und FPÖ sogar in der Hand ihren Gesetzespopulismus in die Landesverfassung hineinzutragen. Damit es
nicht so weit kommt, warnen wir heute hier öffentlich. Politik darf natürlich bildhaft und bürgernah sein – aber wenn Gesetze primär zur politischen Inszenierung missbraucht und Argumente nicht mehr gehört werden, dann läuft etwas falsch in Oberösterreich“, so Makor. Diese Erkenntnis, dass die gestaltende Kraft im Miteinander liegt, hat das oberösterreichische Klima über Jahrzehnte geprägt und es zu einem sprichwörtlichen Symbol der Zusammenarbeit gemacht. Das über Jahrzehnte gewachsene oberösterreichische Klima wird jedoch von Landeshauptmann Stelzer gerade massiv gefährdet.